Luxemburg, Rheinland-Pfalz und das Saarland legen Studie zur Versorgungssicherheit in der Region vor

35 Jahre nach dem Super Gau von Tschernobyl und einer weiteren Katastrophe in Fukushima ist in der EU die Debatte über eine verstärkte Förderung der Atomkraft wieder entbrannt. Vermeintlich steht diesmal der Kampf gegen den Klimawandel im Vordergrund, wenngleich es eigentlich darum geht, finanziell schwer belastete und völlig unrentable Atomkonzerne in die Zukunft zu retten.

Luxemburg, Rheinland-Pfalz und das Saarland sind unmittelbar von der Gefahr der Atomkraftwerke in den Nachbarregionen betroffen. „Daher engagieren wir uns mit aller Entschlossenheit gegen die weitere Förderung der Atomkraft, insbesondere auch in unseren direkten Nachbarländern. Für uns ist klar, dass die Atomkraft angesichts ihrer unabsehbaren Folgen und Gefahren endgültig der Vergangenheit angehören muss. Es dürfen keine öffentlichen Gelder zur Förderung des Ausbaus der Atomenergie zur Verfügung gestellt werden. Deutschland zeigt den Weg, dass ein hochmodernes und wichtiges Industrieland aus der Atomkraft aussteigen kann. Auch Belgien plant den schrittweisen Ausstieg aus der Atomkraft“, sagten Carole Dieschbourg, Ministerin für Umwelt, Klima und nachhaltige Entwicklung aus Luxemburg, Claude Turmes, Minister für Energie aus Luxemburg, Anne Spiegel, als rheinland-pfälzische Staatsministerin zuständig für die Geschäftsbereiche Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten, sowie Anke Rehlinger, Ministerin für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Verkehr aus dem Saarland.

Im Kontext von Abschaltungen von Atomkraftwerken – wie etwa in der seit Jahren andauernden Debatte um Cattenom – wird oft die Frage nach den hieraus entstehenden Folgen für die Versorgungssicherheit gestellt. Diese Frage ist ein zentrales Gebot im Energiebereich. Strom muss nicht nur sicher und sauber, sondern auch ausreichend verfügbar sein, da unsere Energieversorgung im Zuge der Dekarbonisierung in vielen Bereichen elektrifiziert werden wird. „Daher haben wir durch eine Studie eines unabhängigen Expertenbüros prüfen lassen, welche Folgen eine Schliessung des Atomkraftwerks Cattenom auf die Versorgungssicherheit haben würde“, so die Ministerinnen und der Minister weiter.

Die Versorgungssicherheit ist auch nach der Schließung des AKW Cattenom gesichert, zudem ist auch eine Umrüstung des AKW möglich

Das zeigt eine Einschätzung des anerkannten unabhängigen Expertenbüros im Bereich der Versorgungssicherheit „Consentec“. Die Expertinnen und Experten schlussfolgern: „Die Versorgungssicherheitsbelange stehen einer Stilllegung des Kernkraftwerks Cattenom dennoch nicht im Wege, da geeignete Abhilfemaßnahmen technisch bekannt sind und in vergleichsweise kurzer Zeit verfügbar gemacht werden können.“ Angesichts des gut integrierten und ausreichend versorgten westeuropäischen Stromversorgungsnetzes sind keine Engpässe zu erwarten. Auch eine systemdienliche Weiterverwendung von Maschinen im ungefährlichen Teil der Anlage halten die Expertinnen und Experten für denkbar: „Eine Möglichkeit bestünde in der Umrüstung der Maschinen im nicht-nuklearen Teil des Kraftwerks Cattenom zu so genannten rotierenden Phasenschiebern, so wie beispielsweise in Deutschland beim abgeschalteten Kernkraftwerk Biblis bereits praktiziert.“

Das AKW Cattenom muss vom Netz genommen werden. Eine Laufzeit-Verlängerung ist unnötig und völlig inakzeptabel

Die französische Regierung plant in den kommenden Jahren mehrere Atomkraftwerke vom Netz zu nehmen. Die vorgelegte Studie zur Versorgungssicherheit zeigt, dass das AKW Cattenom zu jenen Anlagen zählen kann, die prioritär abgeschaltet werden können. Luxemburg, Rheinland-Pfalz und das Saarland werden sich in enger Abstimmung für diesen überfälligen Schritt einsetzen und gegen die geplante Verlängerung der Betriebsdauer des AKW Cattenom über 40 Jahre hinaus vorgehen. Zudem werden sich die Länder für völlige Transparenz und Mitbestimmung einsetzen: Jegliche Verlängerung bedarf laut der internationalen Espoo-Konvention auch einer umfassenden grenzüberschreitenden Umweltverträglichkeitsprüfung.

Die erneuerbaren Energien sind sicher, sauber und immer kostengünstiger. Ihnen gehört die Zukunft!

Erneuerbare Energien sind sicher und sauber. Des Weiteren garantieren sie Klimaschutz und wirtschaftliche Entwicklung in unseren Regionen und werden zudem gegenüber der Atomkraft immer kostengünstiger: So ist in Frankreich der Strom aus Offshore-Windanlagen mittlerweile schon fast zwei Drittel kostengünstiger, als Atomstrom. Eine 100prozentige Stromversorgung des Landes mit erneuerbaren Energien ist laut dem französischen Netzverwalter RTE technisch möglich und laut der „Agence de l’environnement“ auch kostengünstiger, als die Atomkraft. Vermehrt zeigen Studien, dass in der gesamten EU ein vollständiger Umstieg der Energieversorgung möglich ist und damit auch die Klimaschutzziele erreicht werden können. Daher wollen wir gemeinsam und verstärkt den Ausbau der erneuerbaren Energien in allen Bereichen fördern. Um Klimaschutz, Versorgungssicherheit und den Schutz unserer Bevölkerung zu verbinden.

Hintergrund zur Reaktorkatastrophe von Tschernobyl

Am 26. April 1986 ereignete sich in Tschernobyl ein nuklearer Super-GAU: In Reaktor 4 scheiterte ein technischer Versuch. Es sollte überprüft werden, ob bei einem Stromausfall die Rotationsenergie der Turbine ausreichen würde, um ausreichend Strom zu produzieren, bis die Notstromaggregate laufen. In der Folge geriet der Reaktor ausser Kontrolle und löste eine Explosion aus, bei der weite Teil Europas verstrahlt wurden. Die menschlichen Konsequenzen dieses atomaren Unfalls sind dramatisch und bis heute spürbar: Tausende starben an den Folgen. Unbestreitbar ist der wichtigste Auslöser des Unfalls: die fehlende Kontrolle über die atomare Technik. Der Mensch beherrscht die nukleare Technik nicht.

Gemeinsame Pressemitteilung von Luxemburg, Rheinland-Pfalz und Saarland

Photo : „File:Nuclear Power Plant Cattenom a.png“ by Gralo is licensed under CC BY-SA 3.0