Privat, persönlich und Respekt sind Wörter, die man dieser Tage im Rahmen des Rücktritts des Echternacher Bürgermeisters vernehmen konnte. Théo Thiry wurde in einer privaten Steuerangelegenheit bisher lediglich erstinstanzlich zu einer eher bescheidenen Geldstrafe von 2 500 Euro verurteilt. Auch politische Rechte können von Gerichten aberkannt werden. In der Causa Thiry haben die Richter, da keine Verbindung mit seinem öffentlichen Mandat besteht, jedoch darauf verzichtet. Dennoch hat der CSV-Politiker, drei Wochen nach dem Urteil, sein Amt niedergelegt – aus „persönlichen Gründen“.

Es wurde höchste Zeit. Erstaunlich an dem Vorgehen in Echternach ist vielmehr, dass es nicht zu stärkerem öffentlichem Druck auf den überführten Steuerbetrüger kam. Zuvor hatte sich einzig die Lokalsektion von Déi Gréng zu Wort gemeldet – mit einer eher zurückhaltenden Aufforderung, er solle sich zu seinen ethischen Vorstellungen in der Politik erklären. Dass die CSV, den Worten des designierten Nachfolgers Yves Wengler nach, noch versucht hat, Thiry umzustimmen, war sicher das falsche Signal.

Der Vorwurf gegen den hauptberuflichen Apotheker lautet Steuerbetrug. Beim Erwerb eines Wohnhauses hat er ein Drittel des Kaufpreises schwarz bezahlt und somit versucht, weniger Steuern zu zahlen. Lange Jahre herrschte in Luxemburg die Meinung vor, Steuerhinterziehung könne zwar zu Problemen mit der zuständigen Verwaltung führen, nicht jedoch mit der Strafjustiz. Im Rahmen des internationalen Drucks in Sachen Bankgeheimnis und Steuerehrlichkeit wurde jedoch 1993 das Strafdelikt der „escroquerie fiscale“ eingeführt. Die erste Verurteilung wegen Steuerbetrugs erfolgte erst im Februar 2002 und traf einen typischen Luxemburger Mittelständler. Schon mehrfach fiel seitdem bei Fällen von Steuerbetrug auf, dass auf ein Berufungsverfahren verzichtet wurde. Zu groß scheint die Angst, schlechter weg zu kommen. Bei Steuerbetrug riskiert man nämlich auch eine Gefängnisstrafe.

Diese Gefahr bestand bei dem Fall von Théo Thiry wohl nicht. Dennoch ist das Argument der reinen Privatangelegenheit nicht haltbar. Wenige politische Ämter sind mit weitreichenderen Zuständigkeiten, auch in Geldfragen, ausgestattet, als das des Bürgermeisters. Bedeutende Summen öffentlicher Gelder werden ihm anvertraut – Gelder aus Steuereinnahmen. Sich seinen Pflichten als Steuerzahler zu entziehen, kann daher nicht als Kavaliersdelikt angesehen werden. Der Rücktritt des Bürgermeisters war unumgänglich.

Hierbei geht es nicht darum, 
wegen eines Fehlers eine ewige Verdammnis auszusprechen. Ohne Konsequenzen kann jedoch auch ein privates Steuervergehen nicht bleiben. Die Frage ist hierbei nicht, ob ein Politiker kompetent, fleißig, bürgernah oder beliebt ist. Im Gegenteil: Prinzipien müssen auch für populäre Politiker gelten – vor allem jene Regel, dass man von ihnen Gesetzestreue erwarten kann.

Die sonstigen Verdienste der einzelnen Person sind dabei unerheblich. Es geht vielmehr um das berechtigte Vertrauen, das die Bürger in ihre Vertreter haben können sollten, und die Gewissheit.

© Luxemburger Wort Leitartikel 31.01.2015